Solidarity4all – Gegen Ausgrenzung und Abschiebelager!
Protestcamp Bamberg, 4.-7. August 2016
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„Flüchtlinge willkommen“ hieß es im Sommer letzten Jahres. Seither ist viel passiert: Asylgesetze wurden in Deutschland und EU-weit massiv verschärft, rassistische Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte nahmen zu, die europäische Abschottungspolitik erreichte mit dem EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei einen neuen Höhepunkt.
Die zunehmende Brutalität der Ausgrenzungs- und Abschiebepolitik bekommen Geflüchtete nicht nur an den EU-Außengrenzen zu spüren, sondern auch in Deutschland.
Im September 2015 wurden in Bayern zwei so genannte Ankunfts- und Rückführungszentren (ARE) eröffnet – in Manching/Ingolstadt und in Bamberg. Die Menschen in den Lagern werden marginalisiert, entrechtet und abgeschoben. Wir wollen unserer Solidarität mit Geflüchteten öffentlich Ausdruck verleihen. Im Sommer tragen wir unseren Protest auf die Straße- mit einem Camp in Bamberg.
Beteiligt euch an den Protesten – kommt zum Camp vom 4. bis 7. August 2016 in Bamberg!
Sonderlager in Bayern – Ausgrenzung und Entrechtung mit System
Die Massenlager in Bamberg und Manching/Ingolstadt wurden von der bayerischen Landesregierung für Menschen aus so genannten sicheren Herkunftsstaaten konzipiert. Das Konzept „sicheres Herkunftsland“ deklariert eine Liste von Staaten als „sicher“. Wer aus einem solchen Land kommt, hat kaum Chance auf einen Schutzstatus in Deutschland. Die Liste der „sicheren Herkunftsländern“ wird immer mehr erweitert, in den letzten Jahren um Serbien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Albanien, Kosovo und Montenegro.
Als nächstes kommen Tunesien, Marokko und Algerien hinzu.
Die politische Strategie ist: Migrant*innen aus den Westbalkanstaaten abschrecken und immer mehr Menschen ein reguläres Asylverfahren verweigern. Abgeschottet von der Öffentlichkeit und in menschenunwürdigen Zuständen untergebracht, wird ein beschleunigtes Asylverfahren durchgeführt, dass inklusive Rechtsmittelfristen nur drei Wochen dauern soll.
Fast immer endet das Verfahren mit einer Ablehnung des Asylantrags und Abschiebung. Aus der ARE in Bamberg finden jede Woche Sammelabschiebungen statt.
Bisher wurden viele Rom*nija abgeschoben und damit Angehörige einer Gruppe, die besonders stark von Rassismus betroffen und deren Lebenssituation in den Balkanstaaten katastrophal ist. Viele Rom*nija lebten bereits lange in Deutschland, wurden aus ihren Wohnungen abgeholt und in die ARE gebracht. Weiteren Gruppen von Geflüchteten drohen die Verbringung in die ARE Bamberg und die Abschiebung – sei es weil ihr Herkunftsland angeblich sicher ist oder weil ihnen vorgeworfen wird, nicht ausreichend an ihrer eigenen Abschiebung mitzuwirken.
Aufteilung in „gute“ und schlechte Flüchtlinge
Menschen fliehen aus vielfältigen Gründen, vor Armut, Kriegen, Sexismus, Homophobie, politischer Verfolgung und ökologischen Katastrophen etc. Andere verlassen ihre Heimat weil sie im Heimatland keine berufliche Perspektive haben. Viele dieser Gründe sind durch Regierungen und Konzerne der Industriestaaten mitverursacht. Nur ein Teil der genannten Fluchtursachen gilt als Asylgrund. Freiwillige Migration wird nur den Menschen aus den Industrienationen zugestanden.
Die wenigsten Geflüchteten erreichen Europa. Diejenigen, die nach Deutschland kommen, werden in einer komplizierten Asylgesetzgebung verwaltet und entlang von Kategorien wie etwa Staatszugehörigkeit oder Bildungsgrad eingeteilt. Immer mehr Menschen wird eine Bleibeperspektive abgesprochen. Ohne ernsthafte Überprüfung wird ihre Abschiebung nach Schnellverfahren forciert. Ob die Menschen in die Kategorie „gute“ oder „schlechte“ Flüchtlinge einsortiert werden, macht sich unter anderem am wirtschaftlichen Nutzen fest.
Wir stellen uns entschieden gegen die Kategorisierung von Menschen nach Verwertbarkeit, Nationalität oder Fluchtgrund. Wir fordern eine solidarische und unterschiedslose Aufnahme aller Geflüchteten. Egal woher und warum Menschen in dieses Land kommen. Wir wollen Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für Alle.
Lebensbedingungen in der Isolation: Residenzpflicht, gekürzte Leistungen und fehlender Zugang zu medizinischer Versorgung, Sozialberatung und anwaltlicher Unterstützung
Mit dem Asylpaket II wurde das Asyl- und Ausländerrecht weiter verschärft. Geflüchtete aus „sicheren Herkunftsstaaten“ müssen die gesamte Dauer ihres Asylverfahrens in speziellen Erstaufnahmezentren verbringen. Für sie gilt „Residenzpflicht“, d.h. Aufenthaltsbeschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde. Wer dagegen verstößt, dessen Asylverfahren wird eingestellt. Die Betroffenen erhalten Sachleistungen statt Geld. Die Leistungen sind so niedrig, dass das Bundesverfassungsgericht diese Praxis als verfassungswidrig eingestuft hat.
Die Regierung kalkuliert hier also den Verfassungsbruch bewusst ein und verweigert den Betroffenen ein menschenwürdiges Auskommen. Das Asylpaket II beinhaltet zudem ein Beschäftigungsverbot für die gesamte Dauer des Asylverfahrens und bei negativer Entscheidung auch während der anschließenden Duldung. Der Zugang zu medizinischer Versorgung und die Nutzung therapeutischer Einrichtungen – bereits im regulären Verfahren unzureichend – werden zusätzlich erschwert; schulpflichtige Kinder werden vom Schulzugang ausgeschlossen. Hilfsorganisationen ist der Zugang zu den Abschiebelagern kaum möglich und es gibt kaum Sozialberatung.
Zunehmender Rassismus muss mit Protest beantwortet werden!
Die Betroffenen im Lager sind nicht nur der staatlichen Diskriminierung und Repression ausgesetzt, sondern auch Ziel von rassistischen Anfeindungen, Angriffen und Terror. Dies alles geschieht in einem gesellschaftlichen Klima, in dem rassistische Parteien Wahlerfolge feiern. Die Regierungen der Länder und des Bundes bauen ein Krisenszenario auf und verschärfen Abschottung und rassistische Ausgrenzung. Für nahezu alle Geflüchteten in Deutschland werden die Chancen auf Asyl und ihre Lebensbedingungen noch schlechter. Viele müssen mit der ständigen Angst vor Abschiebung leben.
Wir wollen diesen Zustand der Isolation durchbrechen. Lasst uns solidarisch mit den Betroffenen gegen alle Abschiebungen kämpfen!
Unser gemeinsamer Protest richtet sich:
- gegen die Verschärfung des Asylrechts (Asylpaket I und II) und die staatliche Entrechtung von Geflüchteten
- gegen alle Abschiebungen, immer und überall
- gegen die Logik sicherer Herkunftsstaaten und Asyl-Schnellverfahren
- gegen die Diffamierung und Hetze gegenüber Menschen, denen als sog. Wirtschaftsflüchtlinge ein Bleiberecht in Deutschland abgesprochen wird
- gegen die Einteilung von Geflüchteten in Menschen mit und ohne Bleibeperspektive;
- gegen rassistische Hetze, Rechtspopulismus und Angriffe auf Migrant*innen
- gegen die Ausgrenzung von Migrant*innen durch die Mehrheitsgesellschaft
- gegen Grenzen, gegen die Festung Europa und gegen deutsche und europäische Migrationspolitik, die auf Abschreckung und Abschottung zielt!
Für eine offene und solidarische Gesellschaft!
Wir wollen im August ein klares Zeichen gegen alle Praktiken der Isolation, Entrechtung und Ausgrenzung setzen und laden ein, sich am Protestcamp zu beteiligen!
Direkt vor der ARE in Bamberg wollen wir vom 4.-7. August 2016 präsent sein, in Kontakt mit den Betroffenen treten, Solidarität zeigen und ein starkes, politisches Zeichen setzen! Durch Konzerte, Workshops, zusammen kochen, feiern und zelten, Rechtsberatung für die Betroffenen und unseren gemeinsamen Protest wollen wir die Ausgrenzung und Isolation durchbrechen und das Projekt einer solidarischen Gesellschaft für alle Menschen praktisch angehen.
Wir wollen gemeinsam diskutieren, demonstrieren, mit vielfältigen Aktionen auf die Situation der Menschen im Sonderlager aufmerksam machen und mit ihnen gemeinsam gegen rassistische Ausgrenzung und Abschiebung kämpfen!
Kommt im Sommer mit uns nach Bamberg – gegen Rassismus, für grenzenlose Solidarität!
Mehr Infos unter:
http://protestcamp-bamberg.antira.info
https://www.facebook.com/protestcampbamberg
Kontakt: solidarity4all@antira.info
Wenn ihr den Aufruf zeichnen wollt, schickt eine E-Mail an: solidarity4all@antira.info
Protestcamp Bamberg, 4.-7. August 2016
Mit Protestaktionen, Workshops, Konzert, Diskussionen
Demonstration am Samstag, den 6. August 2016, ab 13 Uhr vom Bahnhof